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Mühlviertler Hasenjagd

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Beitrag von Dissident Fr Okt 28, 2016 4:52 pm

Anmerkung Dissident: Betreffend aller Inhalte, die ich in der Rubrik "Zeitgeschichte und Nachbarländer" einstelle:
Ich habe nicht vor, zu behaupten, daß in KZ´s keine Häftlinge zu Tode gekommen wären oder daß dort nicht auch schlimme Dinge passiert sind.
Unbestritten haben etliche SS-Männer Verbrechen begangen. Daneben passierten viele Verbrechen durch KL-Häftlinge, die sich als Lagerälteste, Blockälteste, Capos, Schreiber usw. an ihren Mithäftlingen vergingen. In jedem Fall wäre zu klären, was genau geschehen ist und ob das auch wahr sein kann (falsche Zeugenaussagen, Scheinzeugen, erfolterte "Geständnisse", usw.) Mit meinen Hobby-Recherchen zu zeitgeschichtlichen Fragen und Standpunkten (eben auch betreffend der KZ) will ich keine Person, Religionsgemeinschaft oder Ethnie beleidigen.

- - -

https://de.wikipedia.org/wiki/M%C3%BChlviertler_Hasenjagd  Die Mühlviertler Hasenjagd ist der euphemistische Name eines Kriegsverbrechens im nationalsozialistischen Österreich, bei dem im Februar 1945 nationalsozialistische Verbände sowie Soldaten u. Zivilisten über 400 entflohene sowjetische Häftlinge nach einem Großausbruch aus dem KZ Mauthausen im Mühlviertel jagten u. ermordeten. --- Der Ausbruch selbst u. die Tatsache, dass einigen die Flucht gelungen ist, stellen einen einzigartigen Vorfall in der Geschichte des KZ Mauthausen dar.

Ausbruch und Flucht
In der Nacht zum 2.2.1945 unternahmen etwa 500 so genannte K-Häftlinge, hauptsächlich sowjetische Offiziere als Kriegsgefangene, bei –8°C Kälte einen Fluchtversuch aus dem Todesblock 20 des KZs Mauthausen. Mit den Feuerlöschern ihrer Baracke u. diversen Wurfgeschossen griff eine Gruppe die beiden Wachtürme an, während eine zweite Gruppe mit feuchten Decken u. Kleidungsstücken den elektrischen Zaun kurzschloss. Dann kletterten die Häftlinge über die Mauer.

Zunächst gelang es 419 Häftlingen, das Lagerareal zu verlassen. Viele der ausgehungerten Flüchtlinge brachen jedoch bereits kurz nach der Mauer erschöpft im Schnee zusammen oder starben im Kugelhagel der Maschinengewehre. Alle, die nicht in die Wälder entkommen konnten, und 75 im Block zurückgebliebene Kranke wurden noch in derselben Nacht exekutiert.
Insgesamt gelang über 300 Häftlingen vorerst die Flucht.

Verfolgung
Noch am selben Morgen rief die SS-Lagerleitung eine „Treibjagd“ aus, an der sich neben SS, SA, Gendarmerie, Feuerwehr, Wehrmacht, Volkssturm u. Hitler-Jugend auch die Zivilbevölkerung der Umgebung beteiligte. Das Ziel dieser 3 Wochen langen „Hetzjagd“ war, „niemanden lebend ins Lager zurückzubringen“.

Der Großteil der Flüchtigen wurde aufgegriffen u. meistens an Ort u. Stelle erschossen oder erschlagen. Die getöteten Häftlinge wurden nach Ried in der Riedmark, dem Stützpunkt der „Jagd“, gebracht u. dort zu einem Haufen gestapelt. Mitglieder des Volkssturms, die Gefangene zum KZ zurückbrachten, wurden beschimpft, weil sie diese nicht sogleich erschlagen hatten ---
Die Kriminalpolizei Linz berichtete später an das Reichssicherheitshauptamt (RSHA): „Von den 419 Geflüchteten [jene, denen es gelang, das Lagerareal zu verlassen] […] im Raume Mauthausen, Gallneukirchen, Wartberg, Pregarten, Schwertberg, Perg, insgesamt über 300 wieder ergriffen, davon 57 lebend.“

Nur von 11 sowjetischen Offizieren ist bekannt, dass sie die Menschenjagd u. das Kriegsende überlebten. Einzelne Bauernfamilien u. zivile ausländische Zwangsarbeiter versteckten trotz des extrem hohen Risikos Häftlinge oder versorgten die in den umliegenden Wäldern versteckten Flüchtlinge mit Nahrungsmitteln. 3 Monate später ging der Krieg zu Ende u. die Häftlinge waren in Sicherheit ---

1948 gab es 2 Verfahren am Volksgericht Wien u. Linz, die sich mit diesem Endphaseverbrechen auseinandersetzten.

https://de.wikipedia.org/wiki/Postenpflicht  Die Postenpflicht war die Dienstanweisung an KZ-Wachmannschaften zum Gebrauch ihrer Dienstwaffe. Die SS-Männer hatten den Befehl erhalten, bei Fluchtversuchen oder bei Bedrohung durch Häftlinge ohne warnenden Aufruf sofort „scharf“ zu schießen. Warnende Schreckschüsse waren ebenfalls verboten --- Für KZ-Aufseherinnen galt ebenso die Anweisung bzw. die Erlaubnis, ohne Vorwarnung von ihrer Schusswaffe Gebrauch zu machen ---
Postenketten
Häftlings-Arbeitseinsätze außerhalb eines Lagers nannte die SS Außenkommandos. Die SS-Wachposten bildeten bei Außenkommandos so genannte Postenketten, um die Arbeitsstelle zu umzingeln u. zu bewachen. Die gedachte Linie zwischen den einzelnen Posten durfte von den Häftlingen nicht überschritten werden. Geschah dies, wurde es als Fluchtversuch gewertet. Es wurde ohne Warnung sofort scharf geschossen ---

Aus der Wikipedia-Diskussion: https://de.wikipedia.org/wiki/Diskussion:M%C3%BChlviertler_Hasenjagd --- bei der Überarbeitung von Kugel-Erlass fiel mir auf, dass es sich bei K-Häftlingen eigentlich um Personen handelt, die laut Befehl nach Mauthausen kamen, um dort (ohne registriert zu werden) umgehend erschossen werden sollten. Von daher ist eine Baracke voller K-Häftlinge kaum denkbar ---
Die Verfolgung entflohener Kriegsgefangener und Tötung auf der Flucht ist kein Kriegsverbrechen oder irre ich da? ---
Ich störe mich etwas an der Behauptung: "Drei Monate später ging der Krieg zu Ende und die Häftlinge waren in Sicherheit." Mir ist nichts über das Schicksal der Überlebenden bekannt, aber es sollte Allgemeinwissen sein, dass zahllose in D gefangene Sowjet-Soldaten vom Regime als Verräter betrachtet wurden und in zahllosen Fällen bei ihrer Rückkehr nach Russland in den Gulag kamen. Woraus ergibt sich denn, dass diese hier in Sicherheit waren? ---
Zitate Wikipedia Ende.

Die ausbrechenden Häftlinge waren bisher Zwangsarbeiter gewesen, und wurden durch ihren vorherigen Fluchtversuch (nicht in Mauthausen) offiziell als "auf der Flucht erschossen" geführt. Bei all den Berichten wird nicht erwähnt, ob die Ausbrechenden auch Wachpersonal getötet haben. Zumindest auf einem Wachturm scheint das der Fall gewesen zu sein: http://www.spiegel.de/einestages/kz-mauthausen-ss-und-zivilisten-ermordeten-geflohene-kz-haeftlinge-a-1015250.html
--- Mit 2 Feuerlöschern griffen sie die SS-Leute auf dem einen Turm an u. sprühten ihnen den weißen Schaum entgegen. Zusätzlich beharkten sie ihre Bewacher mit Steinen u. Ersatzseife. Am Ende eroberten sie den Turm mitsamt seinem Maschinengewehr. Heftig [b]feuernd schalteten sie damit die SS-Schergen auf den beiden anderen Wachtürmen aus ---
Langthalers aus Winden, die Wittenbergers aus Lanzenberg u. Mascherbauers aus Doppl hatten den Mut, die Häftlinge zu verstecken ---
In mehreren Prozessen (nach 1945) wurde .. später aufgearbeitet. Die Spannbreite der Urteile indes war groß, wie diese beiden Beispiele zeigen: Während der Schwertberger Bürgermeister Niedermayer wegen widersprüchlicher Zeugenaussagen freigesprochen wurde, bekam Hugo Tacha, der sich als Wehrmachtssoldat auf Fronturlaub an der Jagd beteiligt hatte, 20 Jahre Gefängnis ---


Zuletzt von Dissident am Fr März 24, 2017 11:53 am bearbeitet; insgesamt 3-mal bearbeitet
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Beitrag von Dissident Fr Okt 28, 2016 5:15 pm

https://de.wikipedia.org/wiki/Anna_Hackl  Anna Hackl, geb. Langthaler (* 1931) ist eine Altbäuerin in Schwertberg, deren Familie während der Zeit des NS geflohenen KZ-Insassen Unterschlupf gewährte.

Die auf einem Bauernhof in Schwertberg lebende Familie Langthaler hat im Februar 1945 zwei russische Kriegsgefangene, Michail Rybtschinskij († 2008) u. Nikolai Zimkolo († 2001), die aus dem KZ Mauthausen entflohen waren, unter Gefahr für das eigene Leben ab 2.2.1945 für 3 Monate auf ihrem Hof in Winden, Gemeinde Schwertberg, versteckt. Die Männer wurden auch dann nicht verraten, als SS u. Volkssturm zum Bauernhof kamen ---
Anna Hackl .. geht seit vielen Jahrzehnten selber jährlich in rund 30 Schulen, um dort den jungen Menschen über die Schrecken und Schwierigkeiten der damaligen Zeit zu erzählen ---

(Anm. Dissident: Die Schreibweise vieler Häftlinge wird in einigen Veröffentlichungen mal so, mal so angegeben...)
siehe: http://www.ooegeschichte.at/epochen/oberoesterreich-in-der-zeit-des-nationalsozialismus/wartberg-1945-und-die-muehlviertler-menschenjagd/flucht-aus-dem-block-20.html
--- Nikolaj Cemkalo und Michail Rybčinskij, die von Fam. Langthaler .. versteckt wurden ---

http://www.ooegeschichte.at/epochen/oberoesterreich-in-der-zeit-des-nationalsozialismus/wartberg-1945-und-die-muehlviertler-menschenjagd/ueberleben-durch-hilfe.html
--- Michail Rybčinskij .. Seine Eltern waren Juden .. Er hat später als Leiter von Kantinen u. Restaurants in Kiew gearbeitet. 1952 heiratete er seine Frau Lidija (1921-1995), zwei Jahre später wurde seine Tochter Natalija geboren. Nachdem 1964 der Kontakt zu den Langthalers wieder hergestellt worden war, besuchte Rybčinskij Österreich immer wieder. So war er z.B. bei den Dreharbeiten zum Film "Hasenjagd" von Andreas Gruber anwesend ---


Zuletzt von Dissident am Mi März 29, 2017 4:21 pm bearbeitet; insgesamt 2-mal bearbeitet
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Beitrag von Dissident Fr Okt 28, 2016 5:20 pm

https://de.wikipedia.org/wiki/Kugel-Erlass  Der Kugel-Erlass vom März 1944 war ein Geheimbefehl mit der Weisung, aus deutschen Kriegsgefangenenlagern entwichene Offiziere sowie ranghöhere Unteroffiziere nach ihrer Ergreifung vom Sicherheitsdienst (SD) ins KZ Mauthausen zu überführen u. sie dort „im Rahmen der Aktion Kugel“ erschießen zu lassen.

Eine Ausnahmeregelung galt für wiederergriffene Offiziere der britischen u. US-Streitkräfte: Hierfür war vorher von Fall zu Fall eine Entscheidung beim „OKW / Chef Kriegsgef.“ einzuholen. Dieser Befehl verstieß gegen das Genfer Abkommen über die Behandlung der Kriegsgefangenen von 1929, das bei Flucht von Kriegsgefangenen lediglich disziplinarische Strafen vorsah.

Das als „Kugel-Erlass“ im Nürnberger Prozess .. von der Anklage angesprochene Dokument, das auf den 2.3.1944 datiert wird, wurde nicht im Original aufgefunden. Vielmehr handelt es sich um ein als Geheime Reichssache gekennzeichnetes Fernschreiben vom 4.3.1944, mit dem Heinrich Müller als Leiter der Gestapo diesen Befehl an ausgewählte Staatspolizeileitstellen u. Inspekteure des SD weitergab.
An der Authentizität des Erlasses können keine Zweifel bestehen, da Ernst Kaltenbrunner seine Kenntnis davon einräumte u. weitere Dokumente sich darauf beziehen.

Als konkreter Anlass für den Befehl wird die Flucht von 140 niederländischen Offizieren vermutet, die während eines Transports aus dem Stalag 371 (Stanislau) zu fliehen versuchten. Nachweisbar wurden 9 von ihnen in Mauthausen ermordet.

Inhalt
Das Fernschreiben vom 4.3.1944 nennt als Betreff „Maßnahmen gegen wiederergriffene flüchtige kriegsgefangene Offiziere u. nichtarbeitende Unteroffiziere – mit Ausnahme britischer u. amerikanischer Kriegsgefangener“. Mit dem Ausdruck „nichtarbeitende Unteroffiziere“ wird eine Gruppe höherrangiger Unteroffiziere umschrieben, die nach den Bestimmungen der Genfer Übereinkunft in der Kriegsgefangenschaft von einer Arbeitsleistung freizustellen u. damit den Offizieren gleichgestellt waren.

Das Schreiben beginnt mit den Worten „Das OKW. [sic] hat folgendes angeordnet“ u. führt unter 1. auf, dass jeder wiederergriffene Offizier oder „nichtarbeitende Unteroffizier“ mit Ausnahme britischer u. amerikanischer Kriegsgefangener dem „Chef der Sipo u. d. SD“ mit dem Kennwort „Stufe III“ zu übergeben sei. 2. dürfe diese Überstellung „unter keinen Umständen offiziell bekannt werden“. An die Wehrmachtauskunftstelle seien diese Kriegsgefangenen als „geflohen u. nicht wiederergriffen“ zu melden, bei Anfragen des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz solle dieselbe Auskunft gegeben werden. Im 3. Punkt wird für britische u. amerikanische Staatsangehörige davon abweichend eine Sonderregelung getroffen: Diese seien zunächst außerhalb des Kriegsgefangenenlagers u. ggf. in Polizeigewahrsam „außer Sicht von Kriegsgefangenen“ festzusetzen. Umgehend solle dann „von Fall zu Fall“ über ihre etwaige Übergabe an den SD beim „OKW/Chef Kriegsgef.“ entschieden werden.

Unter der Überschrift „Hierzu befehle ich Folgendes“ werden dann Ausführungsbestimmungen angefügt. Die Überstellten sollten „nach dem bisher üblichen Verfahren“ ins KL Mauthausen überführt werden. Beim Transport seien die Gefangenen zu fesseln, dies aber vor unbeteiligten Zuschauern zu verbergen. Dem Lagerkommandanten in Mauthausen sei mitzuteilen, dass „die Überstellung im Rahmen der Aktion ‚Kugel’ erfolgt.“ Das OKW sei gebeten worden, die Kriegsgefangenenlager anzuweisen, im Interesse der Tarnung die Wiederergriffenen nicht selbst unmittelbar nach Mauthausen zu schicken, sondern der zuständigen Staatspolizeistelle zu übergeben.

Umsetzung des Befehls

In erster Linie wurden Angehörige der Roten Armee Opfer dieses Erlasses. Eine als „geheim“ gekennzeichnete Anweisung des Wehrkreiskommandos in Soest vom 27.7.1944 bezieht sich auf die Überstellung von Kriegsgefangenen an die Geheime Staatspolizei u. zählt zudem auf, dass sowjetische Offiziere u. Mannschaften wegen Straftaten, wegen Arbeitsverweigerung oder wegen ihrer politischen Einstellung aus der Kriegsgefangenschaft zu entlassen u. der Gestapo zu überstellen seien. Auch polnische Kriegsgefangene, die der Sabotage überführt worden seien, sollten auf Ersuchen dem Einsatzkommando überstellt werden. In allen diesen Fällen sei eine Meldung an das OKW nicht erforderlich.
Bei Kriegsgefangenen aller anderen Nationen, namentlich auch bei belgischen u. franz. Kriegsgefangenen u. ital. Militärinternierten, sei die Zustimmung des OKW oder des zuständigen des Wehrkreiskommandos erforderlich.

Exekutionen in Mauthausen

Die „Aktion Kugel“ wird als zunehmende Radikalisierung im Umgang mit wiederergriffenen Kriegsgefangenen gesehen. Spektakuläre Fluchten von Offizieren u. Massenfluchten gaben Himmler Anlass zu Angriffen auf das der Wehrmacht unterstehenden Kriegsgefangenenwesen u. öffneten dem Reichssicherheitshauptamt Handlungsspielraum.
Bereits 1943 waren Häftlinge aller Art – überwiegend zivile Zwangsarbeiter – vom Sicherheitsdienst nach Mauthausen „unter Stichwort Kugel“ eingeliefert u. dort exekutiert worden; Vermutlich gab es zuerst einen „K-Befehl“ für Zwangsarbeiter; nach dem 23.6.1944 lassen sich keine zivilen K-Häftlinge mehr in Mauthausen nachweisen.

Im Nürnberger Hauptprozess lag eine eidesstattliche Versicherung von Zeugen vor, die über die Ermordung der nach Mauthausen transportieren Kriegsgefangenen berichteten:
   „In Mauthausen gab es mehrere Arten der Gefangenenbehandlungen, unter ihnen die 'Aktion K oder Kugel'. Nach Ankunft der Transporte wurden die Gefangenen, die mit 'K' bezeichnet waren, nicht registriert, erhielten keine Nummer, u. ihre Namen blieben allen, mit Ausnahme der Beamten der politischen Abteilung, unbekannt. Die K-Gefangenen wurden direkt ins Gefängnis gebracht, entkleidet u. in die 'Duschräume' geschickt. Diese Duschräume in den Kellern des Gefängnisses neben dem Krematorium waren für Exekutionen bestimmt.“

Bis etwa Ende Mai 1944 wurden solche Exekutionen durchgeführt. Danach wurden „K“-Häftlinge im Block 20 untergebracht. Statt die eingelieferten Gefangenen umgehend zu töten, ließ man sie meist verhungern. Am 2.2.1945 gelang 419 K-Häftlingen die Flucht; in den folgenden Tagen u. Wochen wurden fast alle von ihnen bei der so genannten Mühlviertler Hasenjagd ergriffen und ermordet.

Es sind keine Unterlagen erhalten geblieben, aus denen sich die Anzahl der aufgrund des „Kugel-Erlasses“ getöteten Kriegsgefangenen einwandfrei ermitteln lässt. Die im Prozessverlauf von einem Zeugen gemachte Zahlenangabe von 1.300 ist in sich selbst unschlüssig u. wurde dort angezweifelt. Nach anderen Angaben verloren durch die Aktion K in Mauthausen 4700 K-Häftlinge das Leben. Die gängigste Angabe summiert 5040 Personen, von denen mit 4.300 rund 85 % sowjetische Kriegsgefangene waren.

Verantwortlichkeiten

Die UdSSR war der Haager Landkriegsordnung von 1907, nicht aber dem Genfer Kriegsgefangenenabkommen von 1929 beigetreten. --- Durch den bereits beschriebenen Umstand, dass hauptsächlich Angehörige der Roten Armee dem „Kugel-Erlass“ zum Opfer fielen, hatte er eine ergänzende Wirkung zum Kommissarbefehl vom 6.6.1941.
Hermann Göring bestritt vor Gericht entschieden, vom Kugel-Erlass gewusst zu haben. Ernst Kaltenbrunner stellte dar, er habe erst zufällig davon erfahren u. nachgefragt:
   „Wiederum einige Tage später erschien Müller bei mir im Auftrag Himmlers und gab mir Einsicht in einen Erlass, der aber nicht von Hitler, sondern von Himmler stammte, und in welchem Himmler erklärte, er gäbe mir einen mündlichen Führerbefehl weiter. Ich habe auf das hin Himmler geantwortet, dass ich in diesem Führererlass natürlich feststellen müsse, dass die primitivsten Prinzipien der Genfer Konvention gebrochen seien, wenn schon zu einer Zeit, die lange vor meiner Tätigkeit und nach Setzung späterer Rechtsbrüche geschehen sei. Ich bäte ihn, dagegen beim Führer vorstellig zu werden und habe diesem Schreiben den Entwurf eines Schreibens Himmlers an Hitler beigelegt, in welchem Himmler den Führer bittet: a) diesen Erlass aufzuheben, b) auf jeden Fall die nachgeordneten Dienststellen von dieser seelischen Belastung zu entlasten. […] Der Erfolg war positiv. Es ist zwar nicht der »Kugel-Erlass« aufgehoben worden und nicht eine Reihe anderer, ebenso bedrückender Befehle, es ist aber insofern positiv gewesen, als mir im Februar 1945 zum ersten Male überhaupt von Hitler die Fühlungnahme mit dem Internationalen Roten Kreuz gestattet wurde, die bis dorthin strengstens verboten gewesen.“

Wilhelm Keitel sagte im Kreuzverhör: „Ich habe bestimmt diesen Befehl nicht unterschrieben, nicht gesehen, darüber besteht kein Zweifel.“ Er könne es nicht aufklären, nur Vermutungen äußern, wie es zu diesem Befehl u. den Worten „Das OKW hat folgendes angeordnet“ beim Reichssicherheitsamt [sic] gekommen sei. Er erwähnte in seiner Aussage verschiedene Möglichkeiten u. schloss sich Kaltenbrunners Deutung an, dass Hitler ohne Rücksprache mit ihm, dem Angeklagten Keitel, u. ohne sein Wissen einen mündlichen Befehl an Himmler gegeben habe.

Nach Deutung von Christian Kretschmer sprechen alle Indizien dafür, dass der Befehl aus dem Kreis Hitler-Himmler-Müller kam; es bleibt ungeklärt, wieweit Hans von Graevenitz als Chef des Kriegsgefangenenwesens an der Ausarbeitung beteiligt war. Einen schriftlichen Befehl seitens des OKW, der explizit von der Ermordung der an die Gestapo ausgelieferten Offiziere sprach, hält Kretschmer für unwahrscheinlich. Allerdings könne allein schon die Übergabe an die Gestapo den Gedanken an eine Exekution nahelegen.
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Beitrag von Dissident Fr Okt 28, 2016 5:57 pm

http://www.nachrichten.at/oberoesterreich/70-Jahre-Muehlviertler-Hasenjagd-Die-Menschenjagd;art4,1614961

--- Um 0.50 Uhr rissen sie nach einer Ansprache, die mit den Worten "Vorwärts für die Heimat" endete, die Fenster auf, warfen Seifenstücke, Kohle- u. Betonbrocken auf die Wachen in den Türmen. Diese erwiderten mit Maschinengewehrsalven. Mit Feuerlöschern dämmten Häftlinge die Sicht ein, während die ersten über die mit Stacheldraht u. Starkstrom gesicherte, 2,5m hohe Außenmauer kletterten ---
Je später die Häftlinge aus der Baracke kamen, desto höher ihre Überlebenschancen. Denn die Posten des Wachturmes "A" wurden von Häftlingen überwältigt u. die anderen Türme beschossen. Indess überquerten die Flüchtlinge das ebenfalls mit Stacheldraht gesicherte Werkstättengelände ---

Im nahen Schloss Marbach waren SS-Offiziere einquartiert. Alarmiert vom Lärm der Sirene u. der Gewehre, erschossen sie heranlaufende Häftlinge direkt auf der Wiese nebenan. Überall waren Schüsse zu hören, niemand wagte sich aus dem Haus. Eine Bewohnerin der Siedlung Marbach, die heute noch dort lebt, berichtet, dass "Häftlinge hier vorbeigelaufen sind und versucht haben, etwas zu essen zu kriegen" ---

Dass zumindest 8 "K-Häftlinge" überlebt haben, ist unter anderem jenen zu verdanken, die Widerstand geleistet haben und – wie die Familien Langthaler u. Mascherbauer in Schwertberg – Asyl gewährt haben ---

Durch Peter Kammerstätter gibt es heute fundierte Aufzeichnungen aus dieser Zeit. Er führte von 1967-1993 unzählige Gespräche mit Zeitzeugen. Zu Kriegsbeginn wurde das illegale KPÖ-Mitglied im KZ Buchenwald interniert – er sei „fanatisch“ u. bedürfe „steter Beobachtung“. 1940 wird er von seiner Firma als „kriegsnotwendig“ angefordert u. kommt frei. Für seine Arbeit erhält er zahlreiche Auszeichnungen ---

Die meisten „K-Häftlinge“ kamen nicht über einen 8-Km-Radius hinaus. Von 8 Überlebenden gibt es exakte Aufzeichnungen:
Nikolaj Cemkalo und Michail Rybcinskij überlebten bei Familie Langthaler, Ivan Baklanov u. Vladimir Sosedko haben sich bis ins Waldviertel durchgeschlagen. Aleksandr Micheenkov schaffte es bis in die Tschechoslowakei. Ivan Bitjukov u. Viktor Ukraincev wurden in den ersten 2 Wochen von Zwangsarbeitern in Naarn versteckt, Ukraincev schlug sich dann bis nach Prag durch, wo er abermals verhaftet wurde. Unter falschem Namen kam er zurück nach Mauthausen u. überlebte. Vladimir Sepetja u. Ivan Derkac flohen nach Linz. Derkac wurde gefasst, Sepetja erst später. Unter falschem Namen kam er ins Stalag nach Pupping und überlebte.
Bis zu 19 Häftlinge waren laut SS unauffindbar: So hat ein Bub in Windhaag einen Flüchtling gesehen. In Gallneukirchen sollen je 2 von Bauernfamilien versteckt worden sein (Namen nicht überliefert). Auch in Alberndorf sollen Landwirte einem das Überleben gesichert haben ---

Von den an der „Jagd“ beteiligten Zivilisten wurden 30 nach Kriegsende juristisch verfolgt, 14 wurden zum Tode verurteilt beziehungsweise kamen im Gulag um. Einige kamen dem sowjetischen Militärtribunal zuvor und verübten Selbstmord ---

http://www.wienerzeitung.at/themen_channel/wz_reflexionen/kompendium/299936_Muehlviertler-Hasenjagd.html
--- Den Jugendlichen Karl Buchberger kostete die blindwütige Schießerei das Leben, weil ihn ein SS-Mann für einen flüchtigen Russen hielt ---
Zeichen der Hilfsbereitschaft u. Nächstenliebe gesetzt. Kübel mit gekochten Erdäpfeln u. warmer Milch, die vor die Häuser gestellt wurden. Gewand, das mancherorts auf die Wäscheleine gehängt wurde, damit die Häftlinge Zivilkleidung fänden. Kühe, die von den Bauern in den Schnee hinausgetrieben wurden, um die Fußspuren der Flüchtenden zu zerstören. Volkssturmmänner, die wegsahen, wenn ihnen wieder einige von diesen ausgemergelten Gestalten vor die Flinte liefen. Die Gendarmen von Schwertberg u. Mauthausen, in deren Rayons zwar die meisten Häftlinge aufgegriffen wurden, die sich selbst jedoch aus der aktiven Verfolgung heraushielten ---
.. Ehepaar Huber in Holzleiten, das den Ostarbeiter Leonid Schaschera nie danach fragte, wofür er die regelmäßig abgezweigten größeren Essensrationen verwendete. Vielleicht wollte man es auch gar nicht wissen, dass damit 3 Russen durchgefüttert wurden ---
Ein eher unbekanntes, aber für die Wirren jener Zeit u. vor allem für die Perfidität der unmittelbaren Nachkriegszeit anschauliches Beispiel sind die Vorgänge rund um die Rettung des Semjon Schakow, der am Hof der Familie Mascherbauer in Schwertberg eine von mehreren Volkssturmmännern durchgeführte Suchaktion überlebte, bei der seine 2 Fluchtgefährten ermordet worden waren. In den kommenden Monaten, die Schakow am Hof blieb, freundete er sich mit der aus Polen stammenden Magd an, was die Bauersleute - vor allem in Hinblick auf eine eventuelle u. nur mühevoll zu erklärende Schwangerschaft - zwar nicht gerne sahen, aber geschehen ließen. Als die Magd an einen Nachbarsbauern abgetreten wurde, vermutete sie dahinter den gezielten Versuch ihres ehemaligen Dienstherrn, ihre Beziehung zu Schakow zu zerstören. Kurz nach Kriegsende tauchte auf dem Hof der Mascherbauers eine Gruppe Männer auf, die sehr unwirsch Butter, Eier u. Fleisch forderte. Diese Männer - ob es, wie sie behaupteten, tatsächlich Häftlinge des kurz zuvor befreiten KZ oder nun die Höfe verlassende Ostarbeiter waren, geht aus den Quellen nicht klar hervor - dürfte wohl die ehemalige Magd geschickt haben, die sich ungerecht behandelt gefühlt hatte u. nun rächen wollte.
Mit den Vorwürfen, dass die Bauersleute auf KZler losgegangen seien u. eine polnische Dienstbotin schlecht behandelt hätten, drohten sie, gleich selbst die Lebensmittelvorräte wegzuschaffen. Es war ein Glück für die Familie Mascherbauer, dass der bereits den Hof verlassen habende Semjon Schakow einen Brief hinterlassen hatte, in dem er sie als jene wenigen Menschen lobte, die sich während u. nach der "Mühlviertler Hasenjagd" gegenüber den entsprungenen K-Häftlingen äußerst hilfsbereit gezeigt hatten.

Endgültige Entlastung
Dieser Brief überzeugte die Männer: sie entschuldigten sich u. zogen wieder ab; in einem anderen Fall bewahrte er den Mascherbauer vor einer hohen Gefängnisstrafe, ja, rettete ihm vielleicht sogar das Leben. Denn einer jener Volkssturmmänner, die seinerzeit auf seinem Gehöft 2 Russen umgebracht hatten, bezichtigte nun Mascherbauer bei der Besatzungsbehörde des Mordes an einem der beiden. Obwohl der Gendarmeriepostenkommandant Johann Kohout bestätigte, dass es sich hierbei um eine Verleumdung handle, wurde Mascherbauer erst durch Schakows Brief endgültig entlastet.
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Beitrag von Dissident Mi März 29, 2017 4:12 pm

http://www.ooegeschichte.at/epochen/oberoesterreich-in-der-zeit-des-nationalsozialismus/wartberg-1945-und-die-muehlviertler-menschenjagd/grossfahndung-in-der-grossgemeinde.html

Aus der Gemeindechronik Pregarten:

In Pregarten erhielten "Bürgermeister u. Ortsgruppenleiter […] vom Lagerkommando telephonisch den Auftrag, alle Männer, die Waffen tragen können, aufzubieten u. das Gebiet abzuriegeln. Wer aufgegriffen wird, ist der Gendarmerie oder der SS in Mauthausen auszuliefern. Durch Feuersignale [vermutlich Sirene] im Markte wurden die Männer aufgeboten u. um ca. 1/2 5 Uhr früh gingen Streifen über Aist-Krichmühle [Kriehmühle], die Mehrzahl aber, über 20 Mann, nach Wartberg, wo Gendarmerie die weiteren Anordnungen traf. Beim Weggang der Patrouillen von Wartberg kam ein Auto mit dem Lagerleiter von Mauthausen Ziereis, der erklärte: ‚Schwerverbrecher‘ sind ausgebrochen, haben sich teilweise mit Waffen der überwältigten Wachmannschaften ausgerüstet u. ziehen nordwärts. Er machte weiters aufmerksam, vorsichtig vorzugehen u. keine Rücksicht zu nehmen. Da für die Flucht die Todesstrafe steht, könne selber sofort ‚umgelegt‘ werden." ---

http://www.ooegeschichte.at/epochen/oberoesterreich-in-der-zeit-des-nationalsozialismus/wartberg-1945-und-die-muehlviertler-menschenjagd/verfolgung-im-ganzen-gemeindegebiet.html
Besondere Bedeutung hatte die Summerauerbahn: Zeitzeugen berichteten, einigen der KZ-Häftlinge sei es gelungen, auf einen Güterzug Richtung Tschechoslowakei aufzuspringen. Am Bahndamm seien 2 Tote mit abgetrennten Gliedmaßen gelegen, welche offensichtlich vom Zug gestürzt waren. Insgesamt seien 17 oder 18 Tote am Bahndamm gelegen, darunter Häftlinge, die sich am Bahnhofsgebäude von Gaisbach versteckt hatten ---

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