Die österreich. Demokratische Republik
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Der Fall Lucona, Udo Proksch und das ganze Gschwerl aus der DöDR

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Der Fall Lucona, Udo Proksch und das ganze Gschwerl aus der DöDR  Empty Der Fall Lucona, Udo Proksch und das ganze Gschwerl aus der DöDR

Beitrag von Dissident Mi Aug 03, 2016 4:42 pm

scratch Mörderischer Versicherungsbetrug und ein Sittenbild der Einheitsparteien SPÖVP,
eine Kurzzusammenfassung von http://www.mein-oesterreich.info/geschichte/lucona.htm

Die Lucona war ein 1966 auf der Büsumer Werft gebauter Frachter, der am 23. Januar 1977 in der Gegend der Malediven im Indischen Ozean durch eine Explosion zerstört wurde. Sechs der zwölf Besatzungsmitglieder kamen dabei ums Leben. Das Schiff versank in 4.200 Meter Tiefe.
Was zunächst wie ein normaler Unfall aussah, entwickelte sich im Laufe der Zeit zum größten politischen Skandal im Österreich der Zweiten Republik, in den mehrere Spitzenpolitiker verstrickt waren und der das Land von 1977 bis 1992 bewegte.
Die Lucona war 1977 von Udo Proksch, dem damaligen Besitzer der Kon­di­to­rei Demel, gechartert und auf 212 Millionen Schilling versichert worden. Nach dem Untergang des Schiffes verweigerte die Versicherung allerdings die Aus­zahl­ung der Versicherungssumme, da sie den Verdacht hatte, die Ladung der Lucona habe nicht aus der behaupteten Uranerzaufbereitungsanlage be­stan­den, sondern lediglich aus Schrott.
In der Tat stellte sich heraus, dass die Ladung einen tatsächlichen Wert von le­dig­lich einer Million Schilling repräsentierte, und dass die Lucona von einer Bom­be zerrissen worden war. Der Adressat der Lieferung war ein Strohmann von Udo Proksch gewesen.
Nach der Regierungsübernahme durch die SPÖ und Bruno Kreisky Anfang der 1970er Jahre hatte sich eine Gruppe von Personen im Windschatten der Partei gesammelt, um in Gesellschaft, Kultur, Staat und Wirtschaft aufzusteigen. Nicht wenige dieser Karrieren endeten in politischen Skandalen und Affären oder vor Gericht.
Einer dieser Glücksritter war Udo Proksch. Er galt als das Enfant terrible der österreichischen Gesellschaft. Zu seinen ausgefallenen Ideen gehörte der 1969/1970 gegründete "Verein der Senkrechtbegrabenen", der Tote in Plas­tikröhren einschweißen und senkrecht in die Erde stellen wollte. Eine ande­re Idee sah ein Sperrgebiet vor, in dem Männer mit echten Waffen und scharfer Munition Krieg "spielen“ können sollten. Durch seine guten Ver­bin­dun­gen zu Verteidigungsminister Karl Lütgendorf soll es ihm sogar einmal gelungen sein, mit einem Kampfflugzeug über Wien zu fliegen.
Proksch, der seit 1974 Besitzer der Hofzuckerbäckerei Demel war, gründete für die SPÖ-Elite in Politik und Wirtschaft nach dem Vorbild der italienischen P2 den Club 45, in dem man regelmäßig zu vertraulichen Treffen zusam­men­kam. Die Mitgliederkartei des Club 45 las sich wie das "Who is Who" der SPÖ.
Der Club 45 kam später im Lied Wiener Blut des Sängers Falco vor. Darin dreht es sich um Korruption innerhalb der Wiener "Gesellschaft".
Doch sind für eine
Hetz wir immer gut
Für dich und mich in Wien.
Wir präsentieren Wien
Auch im Club 45 samma drin
Zum Freundes- und Bekanntenkreis von Udo Proksch zählten Bruno Kreisky, dem er einmal bei der Wiederwahl behilflich war, und dessen halbe Re­gie­rung, alle Mitglieder im Club 45. Proksch dachte, über den Gesetzen zu stehen. Er diente sich den Mächtigen an, ohne dass diese merkten, wie sie an seinen Fä­den zappelten, während sie sich in seiner Gesellschaft amüsierten.
Die ersten Vermutungen, dass beim Untergang der Lucona etwas faul sei, stammten vom Anwalt Werner Masser, der die "Bundesländer-Versicherung“ beriet, bei dem die Ladung des Schiffes versichert war. Er verhinderte, dass die Versicherungssumme gleich an Proksch überwiesen wurde.
Masser engagierte Dietmar Guggenbichler, einen Salzburger Detektiv, der 1983 die erste formelle Strafanzeige gegen Proksch stellte. Masser war das nicht genug. So half er dem befreundeten Journalisten Gerald Freihofner von der Wochenpresse auf die Sprünge. Freihofner kämpfte verbissen darum, dass sich die Staatsanwaltschaft einschalte. Seine umfangreichen Recherchen im "Fall Lucona" wurden von ihm Schritt für Schritt in der Wochenpresse auf­ge­deckt. Die gesammelten Details verarbeitete der Best­sel­lerautor Hans Pretterebner literarisch in sei­nem Buch "Der Fall Lucona", das er im Jahr 1987 im Eigenverlag veröffentlichte.
Wegen Prokschs hervorragenden Beziehungen in die höchsten Kreise der Po­li­tik unternahmen die Ermittlungsbehörden lange Zeit nichts, um den Vor­wür­fen auf den Grund zu gehen. Unter anderem hatte der Justiz­mi­nister die Sache Proksch zur "Suppe, die 'zu dünn' sei", erklärt. Erst am 15. Februar 1985 wur­den Udo Proksch und Hans Peter Daimler, der zweite Drahtzieher im Fall Lu­co­na, wegen Betrugsverdachts verhaftet, aber schon am 28. Februar wieder auf freien Fuß gesetzt. Beide flüchteten. Proksch fuhr nach Manila und unterzog sich dort einer Gesichtsoperation. Er geriet trotz Bart und falschen Passes bei einer ungewollten Zwischenlandung auf dem Wiener Flughafen am 2. Oktober 1989 schließlich der Polizei ins Netz.
Erst jetzt begann die Aufarbeitung des Lucona-Skandals. Zeugenaussagen, In­dizien, die hauptsächlich von Freihofner und Prett­er­eb­ner zusam­men­ge­tra­gen worden waren, sowie die Auffindung des Wracks mit einem rie­si­gen Spreng­loch im Rumpf in mehr als 4.000 Meter Meerestiefe führten zur Anklage.

Zur Klärung der Verwicklung von Politikern in den Fall, insbeson­de­re der po­li­ti­schen Verbindungen zur SPÖ, wurde 1988-1989 auch ein parla­men­ta­rischer Untersuchungsausschuss eingesetzt, der zu unverkennbaren Einblicken in die sozialdemokratische "Freun­derl­wirt­schaft“ führte, die unzählige Personen in fast allen Bereichen der Wie­ner Szene betraf, und in dessen Folge es zum Rücktritt des Nationalratspräsidenten Leopold Gratz und des Innenministers Karl Blecha kam, weil sie Prokschs Freilassung aus der Untersuchungshaft zu ver­ant­wor­ten hatten.

Die Staatsanwaltschaft beantragte für Proksch wegen sechsfachen Mordes, versuchten Mordes und versuchten Betrugs eine lebenslange Haftstrafe. Sie sah es als erwiesen an, dass Proksch gemeinsam mit Daimler den Ver­si­che­rungs­betrug eingefädelt und den Tod der Schiffsbesatzung geplant hatte. Statt einer Uran­erzaufbereitungsanlage, die hoch versichert worden war, befanden sich nach Ansicht der Ankläger nur "frisierte Teile eines alten Kohleberg­wer­kes" an Bord des Schiffes.

Der Gerichtsprozess gegen Proksch endete 1992 mit einem Schuldspruch we­gen sechsfachen Mordes und mit der Verurteilung zu lebenslanger Haft.
Proksch starb Ende Juni 2001 nach einer Herzoperation während der Haft.
Der deutsche Staatsbürger Daimler kam hingegen in Deutschland vor Gericht, nachdem der überlebende Lucona-Kapitän Jacob Puister ihn in Deutsch­land wegen Mordverdachts angezeigt hatte. Wegen Beihilfe zum Mord und Mord­ver­such in jeweils sechs Fällen wurde Daimler 1997 zu 14 Jahre Haft verurteilt.
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Beitrag von Dissident Di Nov 15, 2016 2:00 pm

http://www.genius.co.at/index.php?id=405 --- Udo Proksch --- Ein Polit-Thriller, der Österreich erschütterte --- Von Bernd Stracke

„Fall Lucona“: Die Zahl der Personen, die direkt oder indirekt in den größten politischen Skandal Österreichs hineinspielen, geht in die Hunderte, wenn nicht gar in die Tausende. Die Zahl der in- u. ausländischen Journalisten, die zu diesem Thema recherchierten und/oder publizierten, ist ebenfalls Legion. Der Bogen der Schauplätze dieses gleichzeitig wohl auch berühmtesten Kriminalfalls in der Geschichte der 2. Republik spannt sich nahezu über die ganze Welt. Er reicht von den Niederlanden bis Italien, von der Schweiz bis nach Rumänien, von der Karibik bis nach Hongkong, von Deutschland bis auf die Malediven, von Großbritannien bis ins ostafrikanische Djibouti u. vom Suez-
kanal bis auf die Philippinen. Der Krimi gab bisher Stoff für etliche Bücher u. mindestens 2 Filme sowie ein Musical her. Eine Reihe rätselhafter Todesfälle u. 2 Minister-rücktritte garnieren die Causa, in deren Mittelpunkt der gelernte Schweinehirt u. als 6-facher Mörder rechtskräftig verurteilte Udo Proksch stand, ---

Am 23.1.1977 explodierte in der Gegend der Malediven im Indischen Ozean der 3 Wochen zuvor aus dem norditalienischen Hafen Chioggia mit Ziel Hongkong (Proksch hatte dort 1975 eine Wohnung gemietet u. einen Strohmann veranlasst, die Firma North Pacific Trading Ltd mit einem Stammkapital von 20 – in Worten: zwanzig – Dollar zu gründen) ausgelaufene Frachter Lucona. Bei dem Schiffsuntergang kamen 6 Matrosen ums Leben. 6 weitere Besatzungsmitglieder wurden – eher durch einen glücklichen Zufall – im letzten Augenblick gerettet. Laut den Versicherungspapieren hatte die Schiffsladung aus einer Uranaufbereitungsanlage im Wert von 212 Millionen Schilling (15,41 Millionen €) bestanden. In der Tat handelte es sich bei der Ladung jedoch um Schrott – teils um das Inventar eines aufgelassenen alten Kohlebergwerkes in Oberhöflein, teils um Maschinen einer insolvent gewordenen Harzfabrik in Piesting, teils um das längst unbrauchbar gewordene Labormodell einer Ionen-Implantations-anlage eines ehemaligen DDR-Tarnunternehmens, u. schließlich handelte es sich teilweise um ausrangiertes Militärzubehör aus Beständen des österr. Bundesheeres. Die insgesamt mehrere hundert Tonnen schwere Menge an Gebrauchsschrott war von der Schweizer Briefkastenfirma Zapata AG bereits 1971 um – vergleichsweise – ein „Butterbrot“ erworben worden. Die Zapata war 1969 von Udo Proksch u. Hans Peter Daimler über Strohmänner gegründet worden. Ob die Idee zum „Schifferlversenken“ 6 Jahre oder länger brauchte, um zur Tat zu reifen, wird sich nie mehr genau eruieren lassen. Dafür, dass spätestens 1971 erste Pläne für das mit außerordentlicher krimineller Energie ausgeheckte Vorhaben geschmiedet wurden, gibt es deutliche Indizien, wenngleich keine Beweise.

Parallel zu den genannten präkriminellen kommerziellen Aktivitäten hatte Udo Proksch 1972 die legendäre k. u. k. Hofkonditorei Demel gekauft u. den sagenumwobenen „Club 45“ gegründet, in dem sich Polit- u. Wirtschaftsprominenz jedweder Couleur die Klinke in die Hand drückten. Proksch sorgte für die entsprechende „Unterhaltung“, zu der es beispielsweise auch gehörte, dass eine bekannte Schauspielerin nackt in Aspik gegossen wurde, um den erlesenen Gästen zum „Herunterschlecken“ zur Verfügung zu stehen.

Die verdienstvollen Aufdecker
Zur Auszahlung der Schiffsuntergangs-Versicherungssumme an den „Verlustträger“ Udo Proksch kam es nie. Zu verdanken ist dies vor allem den minutiösen u. hartnäckigen Recherchen des Privatdetektivs Dietmar Guggenbichler (er war von der Bundesländer-Versicherung gegen ein 5-Millionen-Schilling-Honorar zur Klärung des Falles engagiert worden u. übergab im Feb. 1983 der Salzburger Polizei eine Sachverhaltsdarstellung mit seinen wasserdichten Lucona-Ermittlungsergebnissen u. löste dadurch überhaupt erst den „Fall Lucona“ aus) sowie des Aufdeckungsjournalisten Hans Pretterebner, dessen 1987 erschienener Bestseller „Der Fall Lucona“ 22 (!) Beschlagnahmeanträge unbeschadet überstand. Anstatt dessen landete Udo Proksch nach schier unglaublichen Polit- u. Justizvolten sowie filmreifen Versteckspiel-Szenen vor den Geschworenen. Letztlich hatte es nichts genützt, dass der seinerzeitige Innenminister Karl Blecha (SPÖ) im Aug. 1983 u. im Nov. 1984 Weisungen erteilte, die behördlichen Ermittlungen gegen Proksch sofort einzustellen.

Nicht nur den Innenminister hatte Proksch damals auf seiner Seite: Der Versuch, seinen Freund Proksch zu decken, brachte dem damaligen Außenminister Leopold Gratz (SPÖ) eine Geldstrafe wegen falscher Zeugenaussage ein. Gratz hatte mit Hilfe des rumänischen Geheimdienstes Securitate gefälschte Dokumente als „Unschuldsbeweise“ für Proksch beschafft. Am 26.1.1985 kam es im Züricher Hotel St. Gotthard zu jenem legendären Gratz-Proksch-Treffen, vor dem der clevere Privat-detektiv Dietmar Guggenbichler die lauschige Sitzecke verwanzt hatte, was die Erhaltung der für den Spitzenpolitiker peinlichen Szene für die Nachwelt ermöglichte. Zudem hatte der Außenminister dem Häftling Proksch einen mit „Lieber Udo“ titulierten Brief geschrieben, in dem durch die Formulierung, der Proksch-Richter hätte „eine unbegreifliche Vorgangsweise“ an den Tag gelegt, Druck auf die Justiz erzeugt werden sollte. 1989 musste der mittlerweile zum Nationalratspräsidenten avancierte Gratz schließlich von allen politischen Ämtern zurücktreten.

Dass im Jänner u. im März 1985 auch Justizminister Harald Ofner (FPÖ) Weisungen erteilte, wonach die Staatsanwaltschaft keine gerichtlichen Voruntersuchungen einleiten dürfe, bremste den Verlauf der Dinge ebenfalls nicht.

Trotz der Involvierung ihres eigenen Parteifreundes Ofner brachten der damalige FP-Chef Dr. Jörg Haider u. der freiheitliche Nationalratsabgeordnete Dr. Siegfried Dillersberger 1988 eine dringliche Anfrage im Parlament ein, in der sie darlegen, dass die Öffentlichkeit darüber informiert werden müsse, wer welche Schritte gegen die in Pretterebners Lucona-Buch aufgestellten Behauptungen unternommen hatte. 1 Jahr später nahm der parlamentarische Lucona-Untersuchungsausschuss seine Tätigkeit auf, wobei sich neben dem grünen Abgeordneten Pilz die freiheitl. Abgeordnete Helene Partik-Pablé (beide von Pretterebner mit Dokumenten ausgestattet u. beraten) besonders ins Zeug legte. Der Ausschuss erhärtete im Wesentlichen alle von Pretterebner recherchierten Fakten.

Trotz Gesichtsoperation enttarnt, verhaftet und verurteilt
Wenige Wochen nach Erscheinen des Buches in den Fernen Osten geflüchtet, hatte sich Proksch auf den Philippinen einer Gesichtsoperation unterzogen, durch die sein Aussehen komplett verändert wurde. Trotzdem wurde er im Okt. 1989 auf dem Flughafen Schwechat erkannt u. verhaftet, als er unter dem falschen Namen Alfred Semrad in Österreich einreisen wollte.
Proksch wurde letztlich 1992 wg. Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt. Lebenslang bedeutete für Proksch 9 Jahre in der Männerstrafanstalt Graz-Karlau, wo sich ein kardiales Leiden so weit verschlimmerte, dass sich Proksch in der Herzchirurgie des Landeskrankenhauses Graz der Einpflanzung eines Spenderherzens unterziehen musste, diesen Eingriff aber nicht überlebte. Heute (2013), genau 10 Jahre nach dem Tod des prominenten Häftlings, sagt der „Fall Lucona“ vielen Österreichern nicht mehr viel. Die Causa gilt für die Justiz als geklärt. Die Hauptperson lebt nicht mehr. Manche Nebendarsteller sind mittlerweile entweder ebenfalls verstorben oder leben – bis auf wenige Ausnahmen – altersbedingt mehr oder weniger zurückgezogen u. haben wenig Lust, „alte Geschichten aufzuwärmen“.

Der Verfasser als Zeit- und Augenzeuge
Der Autor dieses Genius-Lesestückes hatte bei einem gerichtlichen Lokalaugenschein am Tiroler Truppenübungsplatz Hochfilzen persönlich Prokschs Bekanntschaft gemacht, in deren Verlauf Proksch dem Autor gegenüber düstere Todesahnungen andeutete. Mit den beiden wesentlichen Lucona-Aufdeckern Pretterebner u. Guggenbichler ist der Autor persönlich befreundet. Last but not least: Eine nicht unwesentliche Facette des Kriminalfalles hat der Autor exklusiv vor Ort in der Karibik persönlich recherchiert.
Weil diese Facette symptomatisch für die zum Teil generalstabsmäßige Organisation u. die perfekte Netzwerkarbeit im gesamten kriminellen Lucona-Konstrukt ist u. aus der Sicht eines direkten Zeit- u. Augenzeugen offengelegt werden kann, soll hier näher auf sie eingegangen werden. Der Autor wählt bewusst die Ich-Form:

März 1990 – Proksch war 5 Jahre zuvor verhaftet worden u. hatte 53 (!) Einvernahmen sowie eine Freilassung hinter sich, war aber 4 Jahre zuvor 1986 neuerlich ins Visier der Justiz geraten – befand ich mich auf Verwandtenbesuch auf der Karibikinsel St. Vincent. Eines Abends – ich genoss mit meinem Onkel Oswald Jack gerade einen von meiner Tante Sigrid Jack-Steinbrenner kredenzten „Sundowner“ auf der Ozeanblick-Veranda in Kingstown – klingelte das Telefon. Ein Herr Pretterebner wünsche mich zu sprechen, rief meine Tante. Am Apparat war tatsächlich der legendäre „Proksch-Jäger“, ein Schulkamerad, der, wie ich, als Bub das Gymnasium der Bundeserziehungsanstalt Graz-Liebenau besucht hatte. Es sei ein unglaublich glücklicher Zufall, jubelte Pretterebner, dass ich gerade jetzt in der Karibik sei, denn es gebe hier wichtige journalistische Recherche-Arbeit zu leisten, wozu er mich um Unterstützung ersuche.

Während seit Jänner 1990 in Wien das Schwurgerichtsverfahren gegen den des 6-fachen Mordes verdächtigten Proksch lief, arbeitete Prokschs Verteidigung fieberhaft an einer großangelegten Entlastungsoffensive. Die Proksch-Verteidigung argumentiere nun unter anderem, die „Lucona“ sei gar nicht untergegangen. Die 6 „vermissten“ Matrosen seien nicht ertrunken, sondern tummelten sich putzmunter mit neuen Pässen in der Weltgeschichte umher. Pretterebner gab mir nach St. Vincent telefonisch die Namen u. Wohnadressen von 2 der ermordeten Lucona-Matrosen durch u. ersuchte mich, alles über diese 2 Opfer, Tyrone Sylvester Roberts u. Andrew Dacosta Davis, sowie deren Familien herauszufinden.
Die beiden Matrosen stammten aus Barbados, einer unmittelbaren Nachbarinsel von St. Vincent. Schon am nächsten Tag landete ich mit der ersten LIAT-Maschine in Bridgetown, der .. Hauptstadt der .. Badeinsel Barbados. Das erste Hindernis für meine Interviews bestand darin, dass die von Pretterebner angegebenen Adressen aus dem Lucona-Versenkungsjahr stammten, also 13 Jahre alt waren u. natürlich längst nicht mehr aktuell waren.

Skrupelloses Pokerspiel mit toten Matrosen
Dennoch gelang es mir, den Vater von Tyrone Sylvester Roberts, Rawle Douglas, in einem kleinen Häuschen in „Arthurs Land“ nahe der Hauptstadt aufzutreiben. Geschnitzte Veranda, ausgediente Kochtöpfe als Blumentröge. Herr Douglas empfing mich in diesem Häuschen, das den Namen „Bull Haven“ trug, u. war anfangs ziemlich misstrauisch: Immerhin hatte er vor mir schon mehrfach Besuch erhalten. Die Besucher waren hinter allen verfügbaren Dokumenten, betreffend seinen Sohn Tyrone Sylvester Roberts, her – speziell hinter Originalbriefen u. Fotonegativen. Der erste Mann, Peter Harewood, der sich Herrn Douglas gegenüber als „Investigator“ vorstellte, sagte, er würde – natürlich nur „leihweise“ – sämtliche Originaldokumente benötigen. Herr Douglas erzählte mir, dass er sich die Dokumente leichtgläubig abschwatzen ließ, aber von diesem „Investigator“ nie mehr etwas hörte. Der „Investigator“ habe übrigens angegeben, er sei der Schwiegersohn des Anwalts jenes Mannes, der die Lucona gechartert hatte (Anm.: das Schiff hatte Proksch gechartert), u. dem „böse Gegner“ fälschlicherweise die Schuld am Untergang des Schiffes u. somit am Tod von Douglas’ Sohn in die Schuhe schieben wollte. In Wahrheit habe niemand anderer als der Kapitän selbst das Schiff versenkt.

Wie sich herausstellen sollte, tauchten Teile dieser „ausgeliehenen“ Korrespondenz tatsächlich in Schweizer Proksch-Prozessakten auf, vorgelegt vom Schweizer Proksch-Anwalt Ludwig A. Minelli. Mit diesen Dokumenten sollte der Lucona-Kapitän Jacob Puister, in Wahrheit natürlich keineswegs Täter, sondern überlebendes Opfer des „Schiffsunglücks“, belastet werden. Proksch hingegen sollte dadurch entlastet werden. In seinen letzten Briefen an Vater Douglas hatte Tyrone von Differenzen mit Puister berichtet: Der Matrose sei vom Kapitän geschlagen worden u. habe den Lohn nicht wie vereinbart in Dollars, sondern in Holland-Gulden ausbezahlt bekommen.
Nach dem seltsamen „Investigator“ Harewood war wenig später ein weiterer Mann aufgetaucht, der örtliche Privatdetektiv John Nathan. Dieser gab vor, im Auftrag eines holländischen „Kollegen“ mit Herrn Douglas „reden“ zu wollen, Douglas habe aber von „Investigatoren“ die Schnauze voll gehabt u. ihn gar nicht mehr empfangen. Mir gegenüber erklärte John Nathan in Barbados, er habe von einem Österreicher, dessen Name ihm leider entfallen sei, den Auftrag erhalten, mit Herrn Douglas „einen Kontakt herzustellen“.
Mühsam gewann ich Herrn Douglas’ Vertrauen. Er klagte darüber, von seinem Sohn nicht einmal einen Totenschein zu besitzen. Der wäre Bedingung dafür, dass die Tochter des toten Matrosen, die damals 14jährige Sabrina Jannila Hewett, eine bescheidene Waisenrente bekäme. Den Totenschein aus Europa zu besorgen, habe ihm ein Anwalt namens Lionel K. Griffith versprochen – der sei allerdings wegen unehrenhaften Verhaltens aus der Anwaltsliste gestrichen worden u. in den USA untergetaucht. Herr Douglas händigte mir Unterlagen aus, aus denen klar hervorging, dass der feine Anwalt Griffith mit dem von Proksch engagierten Zapata-Anwaltsbüro Nauta Lambert Blusse in Rotterdam enge Verbindung hatte …

Der 1951 in der Karibik geborene, ebenfalls mit der Lucona untergegangene Matrose Andrew Dacosta Davis hinterließ in Greenidge Gap auf Barbados seine Freundin Marlene Boyce u. die bei der Lucona-Explosion nur 27 Monate alt gewesene Tochter Allison Boyce. Witwe Boyce, damals Angehörige der Government Security Guard auf Barbados, reagierte wütend, als ich sie mit der damaligen Proksch-Verteidigungslinie vertraut machte: „Alle Verdächtigungen, mein Mann könne den Lucona-Untergang benützt haben, um seine Identität zu ändern, sind ungeheuerlich. Mein Andrew war, bis er auf der Lucona anheuerte, ein hochgeachteter Polizist auf Barbados.“ Andrews Vater Edmund Davis nannte mir den Grund, warum sein Sohn die Polizeikarriere aufgegeben hatte: Andrew hatte eine sehr starke Beziehung zu seiner nach England ausgewanderten Mutter. Die Seemannskarriere erschien ihm als einzige Chance, seine Mutter fallweise besuchen zu können. Edmund Davis hatte am 1.2.1977 von seinem zweiten Sohn Elon ein Telegramm erhalten: „Explosion at sea, Andrew died.“ Andrews Vater war überzeugt: „Wäre das Schiff nicht untergegangen, sondern nur umgetauft worden, hätten die staatlichen holländischen Behörden gelogen.“ Auffallend war, dass der Barbados-Rundfunk bei seinem aktuellen Bericht über den Lucona-Untergang keineswegs von einer Uranaufbereitungsanlage als Ladung gesprochen hatte, sondern von einer Zementladung („cargo of cement“). Edmund Davis berichtete mir weiter: „Mein Sohn hatte uns, kurz bevor er an Bord ging, erzählt, dass die Lucona in den Mittleren Osten fahren würde, näheres Ziel unbekannt. Wir würden ihn im Jänner 1977 wiedersehen. Dann wollte er seine Freundin Marlene heiraten.“

Wie bei den Angehörigen des anderen Lucona-Matrosen Tyrone Roberts meldete sich auch bei Andrews Familie der geheimnisvolle Peter Harewood u. keilte sämtliche verfügbaren Unterlagen. Andrews Ziehmutter Millicent Rolston, die ich auf Barbados in Black Rock traf, war wütend: „Peter Harewood borgte sich Unterlagen aus, um die Auszahlung einer Hinterbliebenenentschädigung durch eine Versicherung in die Wege leiten zu können, aber wir bekamen weder die Unterlagen zurück, noch gab es Geld für die Hinterbliebenen.“ Auf Peter Harewoods Spuren heftete sich sofort, von mir informiert, Privatdetektiv Dietmar Guggenbichler. Guggenbichler, der seine Detektei damals in Rüti bei Zürich betrieb, fand heraus, dass sich Harewood im Schweizerischen Küsnacht aufhielt. Mit ihm im Haus wohnte eine Partei namens Minelli. Das dortige Telefon bediente eine Dame, die sich als Mutter von Ludwig A. Minelli zu erkennen gab. Dieser Herr war Udo Prokschs Anwalt in der Schweiz u. erklärte, sein Schwiegersohn Peter Harewood sei nach Barbados verreist …

Von der Karibik nach Hochfilzen
Ich gab meine gesamten karibischen Recherche-Ergebnisse vereinbarungsgemäß an Hans Pretterebner weiter, der sie seinerseits den Justizbehörden offiziell zur Verfügung stellte – gerade rechtzeitig, denn der Mordprozess gegen Proksch lief ja bereits.
Das nächste Mal war ich mit dem Fall Proksch befasst, als mich die Tageszeitung Kurier im Sept. 1990 als Berichterstatter zu einem gerichtl. Lokalaugenschein auf den Tiroler Bundesheer-Truppenübungsplatz Hochfilzen entsandte. Dort hatte Proksch zusammen mit seinem Komplizen Hans Peter Daimler im Juli 1976 „detonations-mechanische“ Übungen, also Sprengstoffversuche, unternommen, wobei Bundesheermajor Edelmaier dem Waffenfan Proksch im Auftrag v. Verteidigungsminister Lütgendorf eine größere Menge Sprengstoff hinterließ. Die Sprengübungen wurden vom damaligen ORF-Kameramann Lechleitner gefilmt. Bei der Rekapitulation der Vorgänge im Lokalaugenschein drückte Schwurgerichts-Senatsvorsitzender Dr. Leiningen-Westerburg beide Augen zu u. gestattete mir eine Vier-Augen-Unterredung mit dem U-Häftling Proksch. Zur Causa Lucona schwieg Proksch hartnäckig, dafür gab er sich umso mehr darüber besorgt, dass man nach seinem Leben trachtete: „Ich werde nicht eines natürlichen Todes sterben“, deutete er mir kryptisch an.

Im Jänner 1991 begann die Suche nach dem Lucona-Wrack im Indischen Ozean. Tatsächlich wurde es – welch Zufall! – am letzten Suchtag entdeckt. Dass die Lucona gesprengt wurde, war nun zweifelsfrei erwiesen. Inzwischen musste die Proksch-Phalanx einen weiteren Schlag einstecken: Das Landesgericht Wien stellte alle Strafverfahren gegen Pretterebner wegen Verleumdung u. Verletzung von Amtsgeheimnissen ein. Pretterebner ließ nicht locker u. publizierte Telefonprotokolle, aus denen ein Naheverhältnis des von Bundeskanzler Vranitzky zum Justizminister vorgeschlagenen Otto Oberhammer zu Proksch hervorging, worauf der bereits designierte Ministerkandidat Oberhammer zurücktrat.

Lebenslänglich
März 1991 sprachen die Geschworenen Proksch wegen Versicherungsbetruges einstimmig u. wegen 6-fachen Mordes mit 6 zu 2 Stimmen schuldig. Das Urteil lautete zunächst auf 20 Jahre Haft, wurde aber 1992 vom Oberlandesgericht Wien auf lebenslange Haft erhöht. Im Gefängnis „logierte“ Proksch in einer Einzelzelle. Justizoberst Gerhard Plotho, langjähriger stellvertretender u. mittlerweile pensionierter Leiter der Männerstrafanstalt Graz-Karlau, erinnert sich:
„Wegen der Gefahr, dass sich gesunde Häftlinge beim Hantieren mit Büchern anstecken könnten, die zuvor erkrankte Häftlinge benutzt hatten, wurde in der Karlau neben der normalen Gefängnisbibliothek eine eigene Krankenabteilungs-Bibliothek eingerichtet. Diese Krankenabteilungsbibliothek betreute Herr Proksch sehr gewissenhaft. Es bestand keine Ausbruchsgefahr. Er hatte sich mit seinem Schicksal abgefunden. Am öftesten kam ihn seine Ex-Frau Erika Pluhar besuchen. Frau Pluhar gastierte 4 bis 5x künstlerisch in der Karlau. Der 70-80 Personen fassende Aufenthaltsraum war meist bis auf den letzten Platz gefüllt, wenn Frau Pluhar, begleitet von einem portugiesischen Pianisten auf einem elektrischen Klavier, ihre Chansons vortrug u. aus ihren Gedichten las. Mehr als einmal kullerten Proksch dabei die Tränen über die Wangen, insbesondere bei einem speziellen Lied, das für Pluhar wie für Proksch gleichermaßen von sentimentaler Bedeutung gewesen sein muss.“

Der Häftling Proksch verhielt sich unauffällig. Einen krassen Einschnitt in sein Häftlingsleben bedeutete die Nachricht vom Tod seiner Tochter Anna, der seine damalige Gattin Erika Pluhar 1962 das Leben geschenkt hatte. Plotho: „Proksch war mit Anna praktisch telefonisch online, als sie 1999 an einem Asthmaanfall erstickte. Von diesem Tag an hat sich Proksch wohl selbst aufgegeben.“

Während „normalsterbliche“ Häftlinge nur einmal wöchentlich besucht werden dürfen, erhielt Proksch anfangs bis zu 3 oder 4x pro Woche Besuch, darunter auch von Leuten, die aus den USA hergeflogen waren. Auch Wirtschaftskapitäne wie Niki Lauda standen auf der Besucherliste. Als einziger Politiker, der Proksch im Gefängnis besuchte, blieb Oberst Plotho der Tiroler Alt-Nationalrat Dr. Sixtus Lanner (ÖVP) in Erinnerung. Die Besuche wurden im Lauf der Zeit seltener. Nachdem sein Vater gestorben war – Proksch verzichtete auf eine im Justizjargon „Ausführung“ genannte Sondererlaubnis zur Teilnahme am Begräbnis in Salzburg – war von den nahen Angehörigen nur noch seine Mutter geblieben, die ihn besuchte.
Oberst Plotho hatte mehrfach Gelegenheit, sich mit dem Strafhäftling Proksch von Angesicht zu Angesicht ausführlich zu unterhalten. Über sein ganzes Leben habe Proksch freizügig u. offen berichtet, erinnert sich Plotho. Aber jedes Mal, wenn das Thema auch nur annähernd in die Nähe des „Falles Lucona“ gekommen sei, habe Proksch mit den Worten: „Chef, bis daher u. nicht weiter“ das Thema beendet. Die Vermutung, dass Proksch seine Geheimnisse über allfällige Mitwisser oder gar Mittäter bei seiner „Ganovenehre“ mit ins Grab nahm, liegt nahe. Schon Pretterebner war aufgefallen, dass Proksch bereits als Chef der Firma „Zapata“, aber auch später als Häftling, seine Unterschrift mit jenen 3 bedeutungsvollen Punkten zu versehen pflegte, die das oberste Gebot der Unterwelt „nichts sehen, nichts hören, nichts reden“ symbolisieren.

Bernd Stracke ist freier Journalist sowie allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Mediensachverständiger in Innsbruck

Anmerkungen
[1] Hans Pretterebner: Der Fall Lucona – Ostspionage, Korruption und Mord im Dunstkreis der Regierungsspitze (1987); Fayez Chlache: Hauptquartier Demel (1990); Hans Pretterebner: Das Netzwerk der Macht (1993); Helmut Schödel: Ein Staat braucht einen Mörder. Udo Proksch und die Lucona-Obsession (1998); Ingrid Thurnher: Auf den Spuren des Udo Proksch. Der Zuckerbäcker, der eine ganze Republik verführte (2011)
[2] „Der Fall Lucona” – Internationaler Spielfilm (1993); „Udo 77” (Musical – 2004); „Udo-Proksch-Out of Control” – Dokumentation (2010)
[3] Der seinerzeitige österreichische Verteidigungsminister und Zapata-Aktienbesitzer (!) Karl Lütgendorf wird im Oktober 1981 vor seinem Jagdhaus erschossen aufgefunden. Die Position seiner Hand und die Lage der Waffe nähren bis heute Gerüchte, dass es sich nicht um einen Selbstmord handelte. Dietmar Guggenbichler stellte über Ersuchen der Lütgendorf-Angehörigen eigene Ermittlungen an, die – seinen Angaben zufolge – mittlerweile so weit gediehen sind, dass klare Beweise für einen Mord am Ex-Verteidigungsminister vorliegen. Guggenbichler bereitet gerade ein Buch darüber vor.
Der in den Lucona-Fall involvierte Zolldeklarant Otto Kölbl wird, nachdem er zu „singen“ angefangen hatte, im Sept. 1984 in seinem Landhaus tot aufgefunden. Offiziell starb er an Herzversagen. Nach der Verhaftung des Generaldirektors der involvierten Bundesländer-Versicherung, Kurt Ruso, begehen im März 1986 zwei Bundesländer-Manager Selbstmord.
Generalkonsul Bernhard Maier-Thurnwald, der Konstrukteur der Lucona, wurde im Okt. 1986 unter einer Autobahnbrücke zwischen Lausanne u. Genf tot aufgefunden.
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Der Fall Lucona, Udo Proksch und das ganze Gschwerl aus der DöDR  Empty Dietmar Guggenbichler

Beitrag von Dissident Di Nov 15, 2016 2:40 pm

http://diepresse.com/home/panorama/oesterreich/1583566/Guggenbichler_Werde-gehasst-hasse-mich-selbst --- Dietmar Guggenbichler eine Reizfigur zu nennen wäre untertrieben. Er ist der meistgehasste Detektiv Österreichs, vielleicht der beste. Man nannte ihn „.38 Special“.

"Ich hasse 3 Dinge auf den Tod: Drogen, Kindesmörder oder solche, die sich an Kindern vergehen, u. Korruption.“ So kompakt fällt die Selbstbeschreibung des nahe Klagenfurt lebenden Detektivs Dietmar Guggenbichler aus. Doch es wäre nicht Guggenbichler, fiele ihm nicht noch ein deftiger Zusatz ein: „Manchmal hasse ich mich selbst.“

Und wann? „Wenn ich nicht das tun darf, was ich gern mit jemandem anstellen würde. Manchmal hasse ich mich, weil ich nicht kann, wie ich will, oder weil ich nicht darf, wie ich will.“ Dahinter steckt die für Guggenbichler nicht immer leicht zu verdauende Einsicht, dass es ja auch noch so etwas wie den Rechtsstaat gibt. An dessen Grenzen müssen die mitunter handfesten Methoden des gebürtigen Oberösterreichers zwangsläufig haltmachen.
Der Mann mit dem Schnauzbart, der nie ohne seinen Revolver unterwegs ist, wird am 29. Juni 72 Jahre alt. Er arbeitet nicht allein. 3 Berufsdetektive stehen ihm zur Seite (2 davon waren auch im Fall Nitsch mit an Bord). Betritt man sein Büro, vermittelt nicht nur ein alter, aber funktionstüchtiger Wurlitzer die Patina vergangener Jahrzehnte. Zeitungsausschnitte, Fotos u. Bücher von damals werden gesammelt u. dokumentiert. Darunter finden sich Jahrhundertfälle. Das Versenken des Frachtschiffes Lucona durch ein einstiges Liebkind höchster politischer Kreise: Udo Proksch. Der von Wirtschaftsbetrügereien durchsetzte AKH-Skandal. Oder die illegalen Exporte der Waffenschmiede Noricum. Damals immer mittendrin: Dietmar Guggenbichler.

„Im Fall Lucona hat man mich angeschossen, Politiker haben mich in die Pfanne gehaut. Aber ich habe schon vor 25 Jahren den Herrn Innenminister Blecha abgehört.“ Bekenntnisse wie dieses sprudeln geradezu heraus – aus dem gerissenen Schnüffler von damals, der aber nach wie vor (zuletzt in Sachen Hypo Alpe Adria) im Geschäft ist. „Viele Kollegen kreiden mir an, dass ich zu weit gehe. Ich werde von vielen gehasst.“
Guggenbichler kennt seinen Ruf u. pflegt ihn. „Ich habe ihn so lange geprügelt, bis er gekotzt hat“, sagt er über einen Mann, der ihm damals bei der Aufklärung des Falles Lucona (diese ist freilich nicht nur Guggenbichler allein zu danken) im Weg stand. Irgendwie habe ihm der Mann damals aber auch leidgetan. „Fürchterlich“, seufzt Guggenbichler, wenn er so zurückdenkt. „Nur: Ich habe ihn ja 3x ganz normal gefragt, er hätte ja antworten können.“ Heiligt der Zweck die Mittel? Das auch wieder nicht. „Ich hab mich gewehrt. Es war Notwehr. Er hat mich zuvor mit einer Flinte empfangen.“

Ist Eigenwerbung wie „Das Unmögliche wird Realität“ oder „Hier ist der Beste, den Sie kriegen können“ nicht viel zu dick aufgetragen? „Man hat mir das zugeschrieben, ich habe ja vor vielen Jahren in Spanien u. Frankreich die ETA ausgebildet. Da hatte ich einen Spitznamen: ,.38 Special‘.“ Frei nach der Munition dieses Kalibers. „Ich war der schnellste Revolverschütze Europas, u. ich bin heute noch sehr gut.“ Mehr noch: „Ich maße mir an zu sagen – ich bin der Beste.“

Drohung eines Kollegen
Viele in der Branche sehen das anders. Mit einem Konzessionsentzug u. mit Anzeigen war der passionierte Pokerspieler bereits konfrontiert. Erst kürzlich schrieb ihm ein Kollege kryptisch drohend: „Wir sehen einander, nein, ich sehe Sie u. hoffe, dass Sie für die (nicht verdiente, aber längst überfällige) Pensionierung genug zur Seite geräumt haben, mehr wird es nämlich nicht mehr spielen.“
Angst hat der seit 36 Jahren in 2. Ehe verheiratete Familienvater keine. Den Tod einer seiner 4 Töchter führt Guggenbichler auf einen Mordanschlag zurück. Mitglieder der Drogenmafia hätten der Jugendlichen aus Rache für seine Ermittlungen im Schweizer Drogenmilieu eine Überdosis gespritzt. Wer in diese Abgründe sehen musste, hat einfach keine Angst mehr. (m. s.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.03.2014)

http://www.salzburg.com/nachrichten/oesterreich/politik/sn/artikel/lucona-aufdecker-dietmar-guggenbichler-gestorben-181300/
"Lucona"-Aufdecker Dietmar Guggenbichler gestorben --- Das teilte am Donnerstag ein ehemaliger Angestellter von Guggenbichler, der Salzburger Berufsdetektiv Martin Aufleger, der APA mit --- Guggenbichler .. hat sich mit zahlreichen Skandalen beschäftigt, in denen auch österr. Politiker involviert waren: Das Versenken des Frachtschiffes "Lucona" 1977 im Indischen Ozean, welches zu einer Verurteilung von Udo Proksch wegen 6-fachen Mordes führte; weiters der AKH-Skandal u. die illegalen Exporte der Waffenschmiede Noricum. Der Privatdetektiv hat auch das Steuerstrafverfahren gegen den Künstler Hermann Nitsch ins Rollen gebracht, indem er Anzeige erstattete.
Der 73-Jährige habe sich von einer Operation nicht mehr erholt, erklärte Aufleger. Dem Angaben des Salzburgers zufolge starb Guggenbichler am 17.1.2016
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